Digitale Bodyguards


Je mehr sich unser Leben im Netz abspielt, desto wichtiger wird das Thema Sicherheit. Die jetzigen Maßnahmen zum Schutz persönlicher Daten reichen kaum aus. Sicherheit im Internet wird neu definiert.


Februar 2014



Seit unser Leben immer mehr ins Internet abwandert, gehören auch Identitätsdiebstahl und –missbrauch zum Alltag. Die Jäger der Informationsgesellschaft machen Beute im Netz. Sie bemächtigen sich der persönlichen Daten ihrer Opfer, um etwa betrügerische Vermögensvorteile zu erreichen. Name, Geburtsdatum, Anschrift, Führerschein- oder Sozialversicherungsdaten, Bankkonto- oder Kreditkartennummern werden genutzt, um die tatsächliche eigene Identität zu verschleiern. Je mehr Daten dem Jäger dabei ins Netz gehen, desto besser gelingt das Einkaufen, Belästigen und Beleidigen unter fremder Flagge. Und die bereits erlangten Daten helfen zusätzlich bei der Ermittlung noch weiterer Daten.

Der Missbrauch personenbezogener Daten ist auf dem Vormarsch, eine regelrechte Cybercrime-Industrie ist bereits entstanden. Die gängigen Maßnahmen zum Schutz vor Datenklau – etwa Firewalls oder Antivirenprogramme – stellen bislang allerdings keine unüberwindbaren Hindernisse für Datendiebe dar. Und allzu häufig ist dabei der Mensch selbst die Schwachstelle: Unsichere Passwörter, Datenfreizügigkeit und andere Nachlässigkeiten bedeuten leichtes Spiel für Datendiebe. Im Kampf gegen den Identitätsdiebstahl ist daher Umdenken gefragt: Künftig könnten uns kognitive Sicherheitssysteme Schutz bieten, indem diese lernen, wer wir sind – und wer wir nicht sind. Digitale Bodyguards würden uns ununterbrochen im Auge behalten, unsere Aktivitäten und Gewohnheiten analysieren und sich über die Zeit ein exaktes Bild von uns machen. Werden mögliche Missbräuche entdeckt, schlagen sie Alarm. Unser digitaler Bodyguard wüsste etwa, dass wir kein Auto besitzen, in einem Haushalt ohne Kinder leben und Einkäufe gewöhnlich auf dem Rückweg von der Arbeit erledigen. Bei Tankstellenzahlungen, Einkäufen von Windeln und Babynahrung oder Kreditkartenzahlungen in Supermärkten am Vormittag wäre unser digitaler Bodyguard zur Stelle und informierte uns über diese Auffälligkeiten. Auch weiß er, dass wir uns nicht gleichzeitig an zwei Orten aufhalten können, dass wir Bücher gewöhnlich nicht im Internet kaufen und einen Einkaufsbummel nicht während der Bürozeiten machen. Der digitale Bodyguard wird nicht nur Missbräuche aufdecken, nachdem sie schon geschehen sind, ebenso wird es ihm möglich sein, sie im Vorhinein zu verhindern. Durch die andauernde Analyse von Vergangenheitsdaten und den Fluss täglicher Ereignisse wird er Abweichungen feststellen, die Vorboten einer Attacke sein könnten. Denn er wird wissen, dass wir gerade im Auto sitzen und währenddessen eine Transaktion am Geldautomaten gar nicht erst zulassen. Unser Beschützer wird uns im Laufe der Zeit immer besser kennenlernen und verdächtige Transaktionen mit steigender Wahrscheinlichkeit erkennen.

Um die gigantischen Datenmassen zu analysieren, muss der digitale Bodyguard die Rechenleistung von Computern mit menschlichem Denken kombinieren. Solche Sicherheitssysteme werden die Analyse von Verhaltensmustern mit logischen Schlussfolgerungen verbinden, aber auch Funktionalitäten einbeziehen, wie sie die meisten Smartphones heute schon bieten: Screens zur Feststellung von Fingerabdrücken, Mikrophone und Kameras zur Erfassung von Iris-Scans oder zur Gesichtserkennung. All dies dient der Feststellung der tatsächlichen Identität einer Person. Auf diese Weise werden kognitive Sicherheitssysteme den Schutz persönlicher Information im digitalen Raum neu definieren: Nicht länger werden durch strikte Regeln wie etwa Passwörter Barrieren errichtet, vielmehr wird Sicherheit bedeuten, kontextbezogen Türen zu öffnen und Aktivitäten zuzulassen.

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