Guck mal, ohne Hände!


Fahrerlose Autos stehen in den Startlöchern. Während die Technik kaum noch Wünsche offen lässt, gibt es weitere Schlaglöcher bis zur freien Fahrt.


Februar 2015



Dass fahrerlose Autos kommen werden, daran besteht kaum noch ein Zweifel. Google hat mit seiner autonomen Fahrzeugflotte bewiesen, dass die Technologie zum Bau und Betrieb selbstfahrender Autos existiert. Mehr als eine Million Testkilometer haben Googles autonome Fahrzeuge auf Kaliforniens Straßen seit 2010 unfallfrei auf dem Buckel. Aber Google ist nur der Vorreiter auf dem Feld; eine ganze Reihe von Herstellern tüftelt an Technologien des autonomen Fahrens und arbeitet an Prototypen, darunter etwa Daimler, BMW, Audi, Ford, Nissan oder Volvo. Mercedes Benz schwebt gar der fahrerlose LKW vor.

Während die Technik im Großen und Ganzen startklar ist, bremst zunächst noch die ausstehende Klärung rechtlicher und ethischer Fragen die freie autonome Fahrt aus. Wer haftet für Schäden, wenn ein fahrerloses Auto in einen Unfall verwickelt ist? Wie gehen Versicherungen mit dem Thema um? Werden künftig nicht mehr Autoeigner haften, sondern -hersteller? Wann und wo dürfen sie im Einsatz sein? Wird es noch Führerscheine geben? Werden Alkohollimits noch eine Rolle spielen? Wer wird die Fahrzeuge nutzen dürfen und auf welche Weise? Und ab welchem Alter wird eine zunehmend technikaffine Jugend die Erlaubnis erhalten, autonome Fahrzeuge zu betreiben?

Weil Roboter nicht müde werden, sich nicht ablenken lassen und schneller reagieren, gelten sie als bessere Fahrer als Menschen – doch sind sie dies unter allen Umständen? Verfügen sie über ausreichend Intelligenz, um bei Schnee, Regen, Dunkelheit, starken Winden sicher zu funktionieren? Werden sie den Verkehr korrekt einschätzen, Gefahren rechtzeitig erkennen und entsprechend reagieren können? Ryan Calo vom US-amerikanischen Think Tank Brookings Institution bringt das Problem mit einem Beispiel auf den Punkt: Autonome Fahrzeuge würden mit größerer Sicherheit als jeder menschliche Fahrer einem den Fahrweg blockierenden Einkaufswagen ausweichen, auch einen Kinderwagen würden sie nicht anfahren. Aber was passiert, wenn ein autonomes Fahrzeug mit einem Einkaufswagen und einem Kinderwagen gleichzeitig konfrontiert wird? Für menschliche Fahrer wären die Prioritäten glasklar: den Kinderwagen meiden und damit in Kauf nehmen, den Einkaufswagen zu rammen. Für ein fahrerloses Auto wäre die Situation keinesfalls derart eindeutig.

Schließlich gehen Gefahren keinesfalls nur von der mangelnden ethischen Sensibilität der autonomen Fahrzeuge aus. Da die selbstfahrenden Autos über Wireless-Technologie sowohl mit anderen Autos als auch mit ihrer Umwelt, etwa Ampeln, interagieren, könnten sie zum Angriffsziel von Hackern werden: Vorstellbar wären fahrerlose Autos als Komplizen von Verbrechern, um beispielsweise Menschen zu entführen oder als Kuriere für kriminelle Zwecke zu dienen. Autos könnten gar als Waffen eingesetzt werden. Gelingt die gleichzeitige „Fernsteuerung“ einer Vielzahl von Fahrzeugen, könnten ganze Städte lahmgelegt werden. Diese Gefahrenszenarien zeigen, dass das Versprechen, den Verkehr mittels autonomer Fahrzeuge sicherer zu machen, zu blauäugig ist: Das Risiko wird lediglich vom menschlichen Fahrer auf den Entwickler verlagert.

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