Lernen bei Bedarf


Längst sind wir es gewohnt, augenblicklich jeden Informationsbedarf erfüllt zu bekommen. Auch Lernen wird immer mehr „just in time“ erfolgen.


August 2018



Dass Warten eine Kunst und Geduld eine Tugend ist, kann kaum noch für das Internetzeitalter gelten. Im Hier und Jetzt will jeder Konsumwunsch, jedes Informationsbedürfnis erfüllt sein. Dieser Wandel von Erwartungen hat viel mit Technologie zu tun: Denn Apps, Internetsuchmaschinen, digitale Sprachassistenten und Online Shoppingportale sorgen für unverzügliche, situationsgerechte Erfahrungen.

Diese Erwartungshaltung setzt sich im Bereich der Arbeit und der betrieblichen Weiterbildung fort. Bei Bedarf Informationslücken zu füllen, wenn diese sich gerade auftun, ist natürlich keine neue Idee. Dass der einwöchige Präsenzkurs nicht für jede Lernherausforderung das effektivste Instrument ist, weiß man schon lange. Gleichzeitig fiel es schwer, „just in time“-Lernen so umzusetzen, dass es seinen Namen auch verdient. Heute allerdings stehen mit Künstlicher Intelligenz, Augmented Reality sowie natürlichsprachigen Interfaces Technologien zur Verfügung, die es leichter möglich machen, Antworten „on demand“ zu geben. Ebenso selbstverständlich, wie wir Siri nach dem Wetter fragen und umgehend Auskunft erhalten, sollen Lernplattformen auf Zuruf Hilfestellung geben, wenn es im Arbeitsprozess hakt. Damit dies möglichst reibungslos geschieht, bietet sich die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine mittels natürlicher Sprache an, weil die Interaktion so einfacher, schneller, natürlicher und mit freien Händen – was gerade im Arbeitskontext ein bedeutender Vorteil ist – vonstatten geht. Mit Augmented Reality besteht die Möglichkeit, relevante digitale Informationen in die „echte“ Arbeitssituation einzublenden und auf diese Weise kontextspezifisch Hilfe, beispielsweise Anleitungen zum Bedienen komplizierter Maschinen, anzuzeigen.

Betriebliches Lernen dermaßen auszugestalten – beiläufig, situationsgerecht und unterbrechungsfrei – bedeutet nicht nur einen drastischen Umbruch in der Natur des Lernens, sondern bringt ebenso vollkommen neue Aufgaben und Herausforderungen für die Bildungsverantwortlichen in Unternehmen mit sich. Denn Weiterbildung bedeutet dann nicht länger nur die Organisation eines Schulungsprogramms – obgleich es auch dieses weiterhin brauchen wird. Vielmehr wird es um die Gestaltung von dynamischen und flexiblen Lernumgebungen gehen, die Lernende exakt dort abholen, wo Lernbedarf besteht. Lernen muss im Unternehmen grenzenlos werden, darf nicht an festgeschriebene Lernphasen gekoppelt, sondern muss kontinuierlich bei Bedarf abrufbar sein. Dieser Wandel bringt nicht zuletzt mit sich, dass der Erfolg von Weiterbildung anders gemessen werden muss als bisher. Während heute die in Kursen verbrachte Zeit als Maßgröße des Lernens gilt, wird der Fakt, dass Lernen immer und überall, ohne den Arbeitsprozess zu unterbrechen, geschehen kann, ein solches Maß kaum noch angemessen erscheinen lassen – wenn es das denn jemals war.

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