Spielen auf Rezept


Videospiele werden inzwischen erfolgreich in der Medizin genutzt. Ersetzen digitale Spiele bald bittere Medikamente?


Februar 2016



Ist es noch nicht lange her, dass Videospiele gegen ihren Ruf als Krankmacher anzukämpfen hatten, so werden sie heute immer öfter in der Gesundheitsprävention und -therapie eingesetzt. Weil Computerspiele nachweislich kognitive Fähigkeiten fördern können, sind schon seit längerem diverse spielerische „Gehirntrainer“ auf dem Markt. Immer öfter werden digitale Spiele auch zu Therapiezwecken eingesetzt: Weil virtuelle Welten die Realität gut simulieren, unterstützen sie die Behandlung von Angststörungen. Weil Menschen eher bereit sind, sich eine Datenbrille aufzusetzen als sich der angstvollen Situation tatsächlich auszusetzen, lässt man Menschen mit Höhenangst in virtuelle Abgründe blicken und solche mit Flugangst virtuelle Flüge erleben. Auch an virtuellen Spinnenzimmern mit virtuellen Krabbeltieren zur Behandlung von Spinnenphobie wird geforscht. Ebenso lässt sich das subjektive Schmerzempfinden mit Hilfe von Computerspielen senken. Im Spiel SnowWorld können Verbrennungsopfer Pinguine, fliegende Fische, Schneemänner und Mammuts mit Schneebällen bewerfen. Durch dessen kühle, blaue Ästhetik und die Ablenkung durch das Spiel weisen Hirnregionen, die für die Verarbeitung von Schmerzempfinden zuständig sind, nachweislich eine deutlich geringere Aktivität auf. SnowWorld wirkt aus therapeutischer Sicht also wie ein Opiat.

Genau in diese Richtung weist der künftige medizinische Einsatz von Videospielen, geht es nach dem US-amerikanischen Startup Akili. Sie sollen quasi als digitale Medizin in der Behandlung von Krankheiten wie Depression, Schädel-Hirn-Trauma, ADHS, Demenz oder Autismus eingesetzt werden. Dabei sehen die Wissenschaftler große Vorteile gegenüber herkömmlichen Medikamenten. Denn diese seien weder an die individuelle genetische Ausstattung angepasst noch nutzten sie Feedback, um festzustellen, ob die Therapie überhaupt anschlägt. Mit Videogames gestaltet Akili hingegen ein System, das personalisiert ist und sich an den individuellen Therapieverlauf anpasst. Denn die während des Spiels aufgezeichneten Daten zur Gehirnaktivität werden wieder an die Game Engine zurückgemeldet, die daraufhin das Spiel entsprechend anpasst. Mit ihrem Spiel Project: EVO hat die Firma aus Boston, MA einen Kandidaten am Start, der bereits verschiedene klinische Studien als Teil des Zulassungsprozesses durch die US Food and Drug Administration durchläuft. Computerspiele könnten also künftig vom Arzt verschrieben werden.

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