Luxus ohne Arbeit


Die Automatisierung verdrängt Menschen aus ihren Jobs. Was gemeinhin Anlass zur Sorge gibt, ist manchen neuerdings Grund zum Jubel.


Mai 2015



Immer schon baute der Mensch Werkzeuge und Maschinen, um effizienter zu arbeiten, um sich von mühevoller, gefährlicher oder schmutziger Arbeit zu befreien. Bis heute bestimmt Technologie hochgradig, wie wir arbeiten. Kaum etwas kann dies eindrucksvoller demonstrieren als ein Blick in die Landwirtschaft: Wo früher ein Heer von Arbeitern schuftete, kommt heute ein Landwirt mit Hilfe einer App aus. Nicht nur, dass in industrialisierten Ländern ein immer geringerer Anteil der Bevölkerung im Agrarsektor tätig ist, auch hat sich die Art der Arbeit in diesem kapital-, technologie- und informationsintensivsten Bereich drastisch gewandelt. Ähnlich verläuft die Entwicklung in Produktions- und Servicesektor. Schon heute verrichtet in Fabriken ein Heer von Robotern die Produktionsarbeiten. Und immer öfter besorgen Roboter auch Dienstleistungen, wenn sie etwa Bargeld aushändigen, im Wachdienst ihre Runden drehen oder Kranke und Alte pflegen.

Mit der Automatisierung verschwinden immer mehr Jobs. Und genau so soll es auch sein, jubeln die Luxus-Kommunisten. Am linken Rand des politischen Spektrums formiert sich zurzeit eine Bewegung namens Fully Automated Luxury Communism (FALC). Deren Anhänger machen sich auf in eine Post-Arbeitsgesellschaft, in der die Automatisierung zum Wohl aller Menschen noch weiter vorangetrieben werden solle. Denn wenn Maschinen die Arbeit tun, könnten sich Menschen auf einige wenige Stunden Arbeit, etwa für Aufgaben der Qualitätssicherung, beschränken.

Immerhin leben wir in einem Zeitalter des Überflusses. Knappheiten, wie sie für den Kapitalismus bezeichnend sind, gibt es in vielen Bereichen nicht mehr: Video- und Audioinhalte beispielsweise gibt es massenhaft, für jeden jederzeit konsumierbar. Mit neuen Technologien, wie etwa dem 3D-Printing oder der Synthetischen Biologie, könnte diese Entwicklung wegweisend sein auch für materielle Dinge. Dass unsere Gesellschaft in vielen Bereichen die Knappheiten von einst hinter sich lässt, ist nicht unwahrscheinlich. Schließlich ist heute für jedermann verfügbar, was früher Luxus war: Telefonanschlüsse, Autos, freie Samstage.

Utopien einer arbeitsfreien Gesellschaft gab es immer schon. Karl Marx und Bertrand Russell träumten davon, dass der Dreiklang aus Wissenschaft, Technologie und Kooperation den Menschen vom Joch der Arbeit befreie. Dem Fully Automated Luxury Communism dient jedoch eher Science Fiction wie etwa Star Trek mit seinen Replikatoren und egalitären Grundsätzen als Blaupause. Denn geht es nach FALC, sollen die arbeitsbefreienden Technologien von der Gesellschaft kollektiv gesteuert werden. Die wenige Arbeit, die noch nötig ist, könne nach dem Vorbild von Wikipedia organisiert werden – dezentralisiert und nicht-hierarchisch.

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